Und manchmal sind wir selbst der Engel für andere Menschen
Am Morgen startete ich noch leicht verschlafen von der Albergue in Pontevedra und anfangs war es auch noch etwas klamm und frisch.
Dennoch war schnell zu erkennen, dass es heute wieder ein schöner Tag werden würde und so war die anfängliche Müdigkeit auch schnell verflogen.
Nach einiger Zeit sah ich ca 50 Meter vor mir eine jüngere, hübsche Frau mit ihrem Rucksack laufen und nur wenige Meter hinter ihr ein Mann ohne Rucksack und komplett in schwarz gekleidet.
Er hatte irgendetwas an sich, was nicht stimmig auf mich wirkte und so beschloss ich etwas zügiger zu laufen, um auf die junge Pilgerin aufschließen zu können.
Ich stellte mich ihr kurz vor und erklärte ihr, dass ich nun ein Stückchen mit ihr laufen würde, da mir der Mann hinter ihr nicht ganz geheuer vorkam.
Levi, eine Studentin aus den Niederlanden zeigte sich erleichtert und erzählte mir, dass der Mann ihr schon eine Weile folgen würde und sie ebenfalls die ganze Zeit kein gutes Gefühl dabei hatte.
Nachdem wir einige Zeit lang zusammen nebeneinander her gelaufen waren, ließ sich der Mann dann auch irgendwann einmal zurück fallen und ob nun Levi und ich evtl. jemanden unbegründet in Verdacht hatten, wissen wir beide nicht, aber Levi war jedenfalls erleichtert, dass sie sich durch meine Anwesenheit der Situation entziehen konnte.
Wir sind alle alleine auf dem Camino unterwegs und dennoch sind wir auch eine große Pilger Familie und haben auch ein wenig aufeinander acht zu geben.
Gestern Abend durfte ich außerdem noch Hiro aus Japan kennenlernen, der erst vor knapp zwei Jahren durch eine Erkrankung einen Großteil seiner Sehkraft verlor.
Trotz dieser Umstände hat er sich auf den Weg nach Europa gemacht und läuft hier den Camino Portuguese.
Hiro ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Held für mich und er war so offen und freundlich zu mir, dass wir am Abend gemeinsam zu Abend gegessen haben.
Ich durfte ihm erzählen, dass man mir vor 20 Jahren prognostiziert hatte, dass ich irgendwann nicht mehr laufen können würde und dass ich 2019 den Camino del Norte mit einer Länge von 840 Kilometer durch gelaufen bin.
Hiro tat es gut zu hören und seinen eigenen Worten zufolge nach, hat es ihm Mut gemacht weiter daran zu glauben, dass sein Sehvermögen mit Hilfe seiner Gedanken wieder besser werden kann.
Hiro ist eine wundervolle Persönlichkeit und ich wünsche ihm von Herzen, dass er den Weg der Selbstheilung finden wird.
Was er hier leistet ist bewundernswert und ich fühle mich geehrt, dass ich einen Abend mit ihm verbringen durfte.
Heute bin ich in Caldas de Reis gelandet und habe noch 45 Kilometer bis Santiago.